Große Daten

Big Data & Data Analytics sind die Trends der B2B-Kommunikation

Der Weg von Big Data zu Smart Data

Big Data und die damit verbundene Analyse von Daten zur Optimierung der Geschäftsprozesse ist ein zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Doch wie lassen sich Datenmengen unterschiedlichen Formats (Big Data) automatisiert zu nützlichem Wissen (Smart Data) verarbeiten?

Herr Kanellos, mit welchen Herausforderungen hinsichtlich Big Data Analytics sehen sich Unternehmen heute konfrontiert?

Die gute Nachricht ist, dass Unternehmen den Wert von Analytics verstehen. Die Herausforderung besteht nun darin, wie man dorthin gelangt. Welche Technologien benötigen sie? Welche Ausbildung benötigen ihre Mitarbeiter? Wie können Sie disruptive Technologien in Ihr Unternehmen integrieren, ohne es komplett zu zerstören?

In einem ersten Schritt sollten Unternehmen klare Ziele festlegen. Zum Beispiel, versuchen Sie, den Energieverbrauch zu senken? Oder soll die Produktivität einer bestehenden Anlage um 10% erhöht werden? Und erfassen Sie dann, was sie in dieser Hinsicht bereits tun. Viele Unternehmen erheben bereits das Ausgangsmaterial für Analysen – Maschinendaten aus dem Betrieb – aber sie nutzen es nicht so umfassend, wie es möglich wäre.

Welche Technologien sollten Unternehmen hierfür einsetzen?

Es gibt vier Elemente. Zunächst benötigen Sie ein Rechenzentrum oder Cloud-Services. Zweitens benötigen Sie eine Infrastruktur-Ebene, die Maschinendaten erfasst und organisiert, damit sie von anderen genutzt werden können. Maschinen erzeugen enorme Datenmengen, auf die die Mitarbeiter schnell reagieren müssen. IDC hat festgestellt, dass 45% aller Daten nicht genutzt werden. Beispiel Anlagedaten: Eine Firma entdeckte ein Windkraftanlagenproblem frühzeitig mit Hilfe des PI-Systems, wodurch die Reparaturkosten um 90% gesenkt werden konnten.

Drittens kann die Analytik auf die Datenebene gehen und Ihre strukturierten Daten für zusätzliche Erkenntnisse auswerten. Ein Datenmanagementsystem wie unseres kann Probleme Stunden bis Tage im Voraus erkennen. Die Analytik liefert Vorhersagen Wochen oder sogar Monate im Voraus, dies ist im Gesamtpaket enthalten.

Schließlich benötigen Sie drahtlose Protokolle wie WiFi und SigFox.

Was hat es mit dem Red Carpet Inkubator-Programm auf sich und welche Unternehmen haben Zugang zu diesem Programm?

Das Red Carpet Incubation Programm ist eine Möglichkeit für OSIsoft und Microsoft, unsere Erfahrung und Kenntnisse im Bereich Big Data und IoT mit ausgewählten Kunden zu teilen. Wir helfen ihnen beim Einstieg, zeigen ihnen, wie verschiedene Datenströme genutzt werden können und wie man von einem Pilotprojekt aus startet und von dort aus weitermacht. Die amerikanische Deschutes Brauerei, ein früher Teilnehmer des Programms, konnte die Brau- und Verarbeitungszeiten für viele ihrer Biere um 72 Stunden verkürzen, ohne die Qualität oder den Geschmack zu beeinträchtigen. Dies resultierte in einer Produktionssteigerung von über 400.000 Dollar aus der gleichen Anlage, so dass Deschutes ein Upgrade von 8 Millionen Dollar aufschieben konnte. Dieses Programm steht allen OSIsoft-Kunden offen. Wir beraten Sie gern.

In Zusammenhang mit Big Data wird oft der Begriff “Operational Intelligence” diskutiert: Was verstehen Sie unter Operational Intelligence?

Operational Intelligence bedeutet im Wesentlichen, zu verstehen, was in einem Unternehmen passiert, und darauf zu reagieren. Uniper verwendet Daten, um Wartungsprobleme vorherzusagen. Covestro nutzt Daten, um die Konsistenz der Chemikalien zu gewährleisten und Energie zu sparen. Windenergiefirmen sind ebenfalls zu großen Befürwortern geworden. Betrieb und Wartung können sich zu 20% der Kosten der Windenergie summieren. Jede Kostenreduzierung wird erhebliche Auswirkungen auf die Verbreitung erneuerbarer Energien haben.

An welche Unternehmen richtet sich Ihre Lösung?

Der gemeinsame Nenner für unsere Kunden ist, ob sie viele Maschinendaten haben oder nicht. Das ist die wichtigste Frage: Wir können ihnen helfen, ihre Daten zu verstehen. Wir arbeiten hauptsächlich mit Industrieunternehmen zusammen: Ölraffinerien, Versorgungsunternehmen, Nahrungsmittelherstellern, Pharmaunternehmen. In jüngster Zeit haben wir uns auch auf die diskrete Fertigung, Rechenzentren und Transportnetzwerken spezialisiert. Die Größe reicht von Fortune-500-Unternehmen bis hin zu mittelgroßen Stadtwerken. Wir arbeiten sogar mit einigen Start-ups zusammen.

Herr Kanellos, vielen Dank für das Gespräch.

Lesen Sie auch seinen Gastbeitrag: Technologie ist alles

Unser Interviewpartner

Michael Kanellos

Michael Kanellos ist Technologieanalyst bei OSIsoft, und hilft Kunden zu verstehen, wie Daten einige der größten Unternehmen der Welt verändern. Er arbeitet seit über 20 Jahren als Reporter, Analyst und Marketingmanager im Silicon Valley. Seine Arbeiten erschienen in der New York Times, CNET, Forbes, Newsweek, Newsday, der Chicago Tribune und dem National Geographic. Als Absolvent der Cornell University und der University of California arbeitete er als Rechtsanwalt, Reiseschriftsteller und auch als Kellner in einem Pfannkuchencafé.

Aufmacherbild / Quelle / Lizenz

Pixabay / CCO Creative Commons

Die Neuvermessung der Welt - Wie Daten unser Leben bestimmen werden

Die Neuvermessung der Welt - Wie Daten unser Leben bestimmen werden

Von: Steffen Herrmann

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Messen beim Sport: Daten dokumentieren die Leistungsfähigkeit © Getty Images

Ob wir joggen, die Heizung aufdrehen oder das Erdbeerfeld wässern – was wir auch tun, wir messen es. Und immer entstehen dabei Daten, die von Konzernen und Regierungen ausgewertet werden. Aber wozu überhaupt? Wem nützen diese Informationen? Und was macht das mit uns?

Vor knapp zehn Jahren war Florian Schumacher Teil der Zukunft. Damals war gerade das erste iPhone erschienen und für Schumacher war es ein Startschuss: Er fing an, Schritte zu zählen, maß sein Wohlbefinden, später ließ er Blut, Speichel und Stoffwechsel testen. Das Ziel: ein gesünderes, leistungsfähigeres Leben. Projektarbeit am Ich.

Damit war Schumacher Teil einer kleinen, aber weltweiten Bewegung. Ihr gehörten mehrheitlich Männer an, die ihr Leben als eine Reihe von Zahlen verstanden. Der eigene Körper war das Experimentierfeld, das Ziel einer Expedition ins Unbekannte ausgerüstet mit Smartphone, Fitness-Armbändern und Gentests.

„Wir entfernen uns immer weiter vom humanistischen Weltbild“

Namen hatte der Trend viele: Selftracking, Selbstvermessung, Lifelogging oder Quantified Self. Zu einer Massenbewegung ist er nicht geworden. Beendet ist die Jagd nach Daten aber nicht – im Gegenteil: Alles wird erfasst, gezählt und dokumentiert. Von Smartwatches, Fitnesstrackern, Gesundheits-Apps. Von Regierungen, von Amazon und Google. Von uns selbst. Die Welt – und mit ihr das Ich – wird neu vermessen.

„Der soziale Blick auf uns selbst und andere verändert sich gerade", sagt der Soziologe Stefan Selke. © Privat

„Das ist die Grundierung unserer Kultur“, sagt Stefan Selke über das ständige Zählen und Erfassen. Der Soziologe ist Professor für „Gesellschaftlichen Wandel“ an der Hochschule Furtwangen und forscht zu Selbst- und Fremdvermessung. Er warnt: „Der soziale Blick auf uns selbst und andere verändert sich gerade.“

Selke beobachtet, wie die Welt verflacht und Vielfalt eingedampft wird: Es werde versucht, alles in Zahlen auszudrücken, Algorithmen sollten menschliche Urteile ersetzen. Für ihn ist es auch eine Indexierung der Welt: „Erhobene Daten werden zu einem Index verdichtet, Menschen wird ein Wert zugeordnet.“ Mit schwerwiegenden Folgen: „Wir entfernen uns immer weiter vom humanistischen Menschenbild“, sagt Selke. Menschen würden zunehmend als numerische Umrisse wahrgenommen. Die Welt als Zahlenraum, der algorithmische Mensch – Selke will keine Dystopie zeichnen, aber sieht doch einen Trend mit „leicht dystopischem Charakter“.

Händler und Versicherer kennen ihre Kunden genau

Auch die Psychologin Vivien Suchert beobachtet, dass alles in Zahlen gefasst wird – nicht zuletzt von uns selbst – und erkennt darin einen Versuch, „den fehlerhaften Menschen hinter sich zu lassen“. Davon profitieren vor allem Unternehmen und Regierungen: „Ausgehend von unserem Onlineverhalten kann ein digitales Bild von uns gezeichnet werden.“ Dank dieses Bildes kennen Händler oder Versicherer ihre potenziellen Kunden genau. Ein Beispiel: Für ihr Buch „Die Daten, die ich rief“ fragte die Netzaktivistin Katharina Nocun ihre Daten bei Amazon ab. Der Internetgigant schickte ihr eine Liste mit dem Nutzungsverhalten von 14 Monaten. Der Umfang war gewaltig: 15 356 Zeilen und mehr als 50 Spalten. „Jeder Klick war erfasst worden“, schreibt Nocun auf ihrem Blog.

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Die Folgen: Werbung und Angebote werden individualisiert. Wer heute Sportschuhe einer bestimmten Marke googelt, sieht morgen individuelle Anzeigen dieser Schuhe bei Facebook oder Instagram. Vorlieben, Abneigungen, Beruf und Beziehungsstatus – die Daten legen es offen.

Es werde versucht, „den fehlerhaften Menschen hinter sich lassen“, sagt Psychologin Vivien Suchert. © Privat

Und die Datenberge wachsen weiter. Das Marktforschungsinstitut IDC erwartet, dass das Volumen der jährlich generierten digitalen Datenmenge weltweit rasant steigen wird: Von 33 Zettabyte im Jahr 2018 auf 175 Zettabyte 2025. Zum Vergleich: Würde man die geschätzte Menge aller jemals gesprochenen Worte digitalisieren, wären das 42 Zettabyte. Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2009. Zahlen, die das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen.

Mehr Daten von allem – ihre Ausbeutung ist politisch gewollt: „Im digitalen Zeitalter sind Daten eine Schlüsselressource“, schreibt die Bundesregierung im Eckpunkte-Papier ihrer Datenstrategie vor wenigen Monaten. Daten sollen Wohlstand sichern, die Wirtschaft ankurbeln, den wissenschaftlichen Fortschritt vorantreiben und staatliches Handeln leiten – so will es Berlin und ruft das „Datenzeitalter“ aus.

In China versucht der Staat seine Bürgerinnen und Bürger zu bewerten

Das weckt Begehrlichkeiten: Insbesondere Polizeibehörden hätten gerne Zugriff auf die wachsenden Datenmengen. In Deutschland setzt beispielsweise die hessische Polizei auf die umstrittene Analysesoftware „Gotham“ des US-Unternehmens Palantir (die FR berichtete) – etwa, um Terroranschläge zu verhindern. Die Software strukturiert, verknüpft und analysiert riesige Mengen unterschiedlicher Daten. Wie sie im Detail funktioniert, ist aber unklar.

Auch andere Länder sehen in Daten eine wichtige Ressource – allen voran China. Das Land der Mitte sammelt massenhaft Daten über seine Bürgerinnen und Bürger und baut ein Scoringsystem auf: Künftig sollen Algorithmen Informationen aus staatlichen und privaten Datenbanken auswerten. Damit kann der Staat seine Bürger bewerten und Risikoprofile erstellen. Regelkonformes Verhalten wird mit einer guten Bewertung belohnt, wer dagegen bei Rot über die Ampel geht, verliert Punkte – und womöglich das Recht, ins Ausland zu reisen.

Zuletzt war eine weitere Dimension des chinesischen Überwachungsprogramms bekannt geworden: Die Behörden der Volksrepublik hatten vor knapp zwei Jahren begonnen, DNA-Proben ihrer männlichen Bevölkerung zu sammeln. Das Ziel: eine genetische Landkarte. Wer ist mit wem verwandt? Zum wem gehört das Haar, die Hautschuppe oder das Blut an einem Tatort? Künftig sollen solche Fragen leicht zu beantworten sein.

Die vielen Daten ermöglichen neue Chancen: in der Landwirtschaft oder beim Bauen

Doch nicht auf allen Feldern ist die Vernetzung bedrohlich. Auf den Feldern der Landwirte etwa versprechen Sensoren Schutz vor Staunässe, Frost oder Hitze: Die Bäuerin schaut nicht mehr in den Himmel, sondern auf ihr Smartphone, wenn sie darüber nachdenkt, ob und wie viel gegossen werden sollte. Anbieter wie Bosch sammeln Wetterdaten und Feuchtigkeitswerte, die sie mit Modellen für Pflanzenwachstum kombinieren. Auf dem Smartphone sieht das dann so aus: Freilanderdbeere im Makrostadium der Fruchtreife, Mehrzahl der Früchte ausgefärbt, Umgebungstemperatur 4,1 Grad Celcius bei 78,7 Prozent Feuchtigkeit. Natürlich inklusive bunter Grafiken, Durchschnittswerten und einer Alarmfunktion.

Nur ein Beispiel von vielen: Fußballspiele produzieren lange Zahlenreihen, die längst über Tore, Vorlagen oder die Menge der roten Karten hinausgehen: Wo findet sich Spieler A wann? Welchen Puls hat Spielerin B nach dem Sprint zur Grundlinie? Wie wahrscheinlich führt Spielzug C zum Torerfolg? Das Büro wird smart, der Aufzug intelligent – Sensoren ermitteln die Belegung von Räumen, den Energieverbrauch oder die Abnutzung von Bauteilen. Ein Kreislauf aus Messen, Interpretieren und Optimieren.

aktiv werden BÜRGER:INNEN Unsicherheiten zulassen: Nicht alles kann benannt oder in Zahlen ausgedrückt werden. Daten sind ein Hilfsmittel, nicht die alleinige Wahrheit. Gut: Das Smart-phone ausschalten und ab in die Natur. Auch gut: Ein Buch lesen. Oder die FR. POLITIKER:INNEN Den Unternehmen klare Grenzen setzen, denn freiwillige Selbstregulation funktioniert in der Regel nicht. Den Bürgerinnen und Bürgern helfen, Technik- und Datenkompetenz zu erlangen. Das hilft gegen eine digitale Spaltung. UNTERNEHMER:INNEN Gleichstellungsdaten erheben! Und nicht nur einmal, denn Gleichstellung ist ein Prozess. Aber wichtig: Daten, die zum Schutz und zur Gleichstellung strukturell benachteiligter Gruppen erhoben werden, dürfen nicht missbraucht werden. Deshalb Hilfe von außen suchen. WEITERLESEN: Der FR-Artikel über Anouk Ruhaak, die digitale Existenzen schützen will oder das Buch „Wie digital wollen wir leben?“ von Andreas Dohmen (Patmos-Verlag).

Mit den wachsenden Datenmengen nimmt die Neuvermessung der Welt zwar an Fahrt auf. Die Entwicklung aber gibt es schon länger: Bereits im September 1958 diskutierten Philosophen, Soziologen und Politikwissenschaftler während der Darmstädter Gespräche die Frage: „Ist der Mensch messbar?“.

Für Stefan Selke ist die Digitalisierung deshalb nur ein Symptom, nicht aber die Ursache. Der Soziologe sieht den Neoliberalismus am Werk – und das seit Jahrzehnten. Leistungsdenken, Fokus auf Effizienz und Kosten-Nutzen-Analysen als „Triumph des neoliberalen Denkens im Alltag“. Auch für die Psychologin Suchert ist die Leistungsgesellschaft ein Auslöser für die zunehmende Selbst- und Fremdvermessung: „Heute muss jeder darauf achten, dass er oder sie gute Leistungen bringt.“ Wer nicht gut genug sei, dem drohten Nachteile bis hin zum Jobverlust.

Manche Menschen vermessen ihr ganzes Ich - ohne jede Lücke

Die Folgen: Stress, ständige Unsicherheit und Gefühle der Entfremdung. Dagegen rät Suchert zu einem Mittelweg. Sie nennt es „Zahlenminimalismus“: Nur so viele Daten wie nötig, dafür mehr Wissen über Hintergründe und Zusammenhänge.

Florian Schumacher praktiziert es anders: Mit mehr als 200 vernetzten Geräten sei seine Wohnung gefüllt, erzählt der Münchner. Viele Daten sammelt Schumacher automatisiert, „auf Vorrat“, also ohne dass er die Daten tatsächlich nutzen würde. Zum Beispiel misst er, wie sich die Luftqualität in seiner Wohnung entwickelt, oder erfasst, welche Webseiten er besucht – bis hin zu den einzelnen Tastaturanschlägen. „Manche dieser Daten helfen Rückschlüsse auf meine Produktivität zu ziehen, ich sammle die Daten aber auch für zukünftige Analysen – etwa meines Kommunikationsverhaltens und anderer Aspekte – ohne eine konkrete Zweckbindung bei der Sammlung der Daten vorauszusetzen.“

Hin und wieder führt Schumacher kleinere Tests an sich selbst durch: Nimmt er genügend Vitamin B 12 zu sich? Wie steht es um die Fettsäuren in den Lebensmitteln, die er isst? Ein Spiel sei das, sagt Schumacher, ein Spiel, das ihm helfe, Dinge zu verstehen. Aber: „Das Leben ist multifaktoriell.“ Schumacher kennt die Kritik an übermäßiger Datengläubigkeit. Er weiß, dass sich nicht alles in Zahlen erfassen lässt. Und hegt doch große Hoffnungen: Datensammeln, Selbstvermessung – „das ermöglicht eine neue Medizin“, sagt Schumacher, der selbst Unternehmen zu digitalen Gesundheitslösungen berät.

Mit Daten könnten Therapien für Patienten individualisiert werden

Schon jetzt warnen manche Armbänder ihren Träger vor gesundheitlichen Problemen wie einem Vorhofflimmern. Künftig könnten Medikamente und Therapien für jeden Patienten individuell entworfen werden – auf Grundlage der jeweiligen Gesundheitsdaten. Das Versprechen: Mehr Daten, mehr Wissen, mehr Gesundheit.

Und eben auch: weniger Kosten – für das Gesundheitssystem, vor allem aber für jeden einzelnen Menschen. Die Idee: Eine gesunde Lebensführung könnte mit niedrigeren Versicherungsbeiträgen belohnt werden. Schon jetzt bieten viele Krankenkassen Apps an, mit denen die Versicherten Bonuspunkte für eine gesunde Mahlzeit, die tägliche Meditation oder 10 000 Schritte pro Tag sammeln. Die Bonuspunkte werden später gegen Einkaufsgutscheine oder andere Prämien eingetauscht.

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Klingt verlockend, aber: „Das kann richtig nach hinten losgehen“, warnt Psychologin Suchert. Sie fürchtet, dass neue Konflikte um Schuld und Verantwortung entstehen: Wer durch seine ungesunde Lebensweise den Ausbruch einer Krankheit begünstige, dem werde auch die Schuld daran zugeschrieben. Die Folge könne eine Entsolidarisierung des Gesundheitssystems sein, sagt Suchert: „Dann wollen die anderen nicht mehr zahlen.“

Eine weitere Gefahr sieht Stefan Selke – die einer „rationalen Diskriminierung“. Damit meint er, dass vermeintlich objektive Daten erhoben werden, auf deren Grundlage dann vermeintlich rationale Entscheidungen getroffen werden: A zahlt niedrigere Versicherungsbeiträge als B, weil A einen besseren Score hat. Tatsächlich ergebe das neue Sortierungsmöglichkeiten und damit eine „neue digitale Spaltung“, so Selke. Mit digitalen Versagern und Gewinnern.

Technologien sind nicht per se objektiv, Daten können täuschen - oder sogar schaden

Klagen über rassistische oder frauenfeindliche Datensätze gibt es schon lange – insbesondere aus den USA. Dort hatten Aktivisten immer wieder „programmierten Rassismus“ angeprangert: So betitelte eine Software von Google das Foto einer Afroamerikanerin mit „Gorilla“. Für eine andere Software war die dunkle Hautfarbe von Straftätern ein wichtiges Merkmal zur Einschätzung, ob jemand wieder straffällig wird oder nicht.

Technologien seien eben nicht per se neutral oder objektiv, hieß es in einer Studie des Europäischen Netzwerk gegen Rassismus vor wenigen Monaten. Stattdessen könnten sie bestehende Ungerechtigkeiten im Justizsystem vertiefen.

Viele Beobachter fordern deshalb, dass Technik und Daten den Menschen dienen müssten. Das sieht auch Daniel Gyamerah vom Berliner Think-Tank „Citizens For Europe“ so. Er sagt: „Daten sind ein wichtiges Werkzeug für sozialen Wandel.“ Mit sogenannten Gleichstellungsdaten kämpfen Gyamerah und seine Kolleginnen gegen Diskriminierung und für Gleichstellung in Organisationen. Unternehmen und Behörden sollen fairer, gerechter werden. Das Motto: „Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership“.

Und so funktioniert es: Gyamerahs Team hilft einer Behörde oder einem Unternehmen dabei, Daten zu erheben. Diese Daten werden dann mit Blick auf strukturelle Benachteiligungen analysiert – zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe. Dabei orientieren sie sich am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das in Paragraph 1 als Ziel formuliert, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“.

Die Welt basiert größtenteils auf männerbezogenen Daten

Gyamerah weiß aber auch: Datenerhebung allein ist nicht alles: „Es braucht immer auch Menschen, die mit den Daten aktiv werden und den Wandel vorantreiben.“ Gemeinsam mit Fachpersonal aus Unternehmen und Behörden arbeiten Gyamerah und sein Team deswegen an positiven Strukturen, die Ungerechtigkeiten abbauen sollen. Daten für gleiche Chancen also.

Dass das Aufzeigen von Diskriminierung funktioniert, zeigt das Buch „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado-Perez. Darin beschreibt die Britin anhand von Daten, wie Frauen strukturell benachteiligt und unsichtbar gemacht werden. Nur ein Beispiel von vielen: Die Tasten eines Standard-Klaviers sind für die durchschnittliche Männerhand entwickelt worden und benachteiligen 87 Prozent der Pianistinnen. Gleichzeitig macht Criado-Perez deutlich, was eine wichtige Grundlage der Diskriminierung ist: Dass unsere Welt größtenteils auf männerbezogenen Daten basiert.

Und der Einfluss der Daten auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik wird wohl nicht abnehmen. Im Gegenteil: Die Vermessung der Welt geht weiter – Ausgang offen. Aber: „Messen ist das eine, verstehen das andere“, sagt Florian Schumacher. Ein Satz, dem auch Vivien Suchert und Stefan Selke zustimmen. Alle drei – Selbstvermesser, Psychologin und Soziologe – plädieren dafür, den Blick zu weiten. Zahlen auch mal Zahlen sein zu lassen. Denn: „Im Innersten des Menschen“ sagt Stefan Selke, „muss es etwas geben, das intransparent bleibt.“

Big Data & Data Analytics sind die Trends der B2B-Kommunikation

bvik-Trendbarometer 2019 Big Data & Data Analytics sind die Trends der B2B-Kommunikation

Das Trendbarometer Industriekommunikation, das der Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) in Zusammenarbeit mit der DHBW Mosbach durchgeführt hat, zeigt: Big Data und Data Analytics sind die Trends der B2B-Kommunikation. Zu den Top-Trends zählen außerdem digitale Plattform-Geschäftsmodelle.

Big Data und Data Analytics sind die aktuellen Trends der B2B-Kommunikation. (Bild: gemeinfrei / Unsplash

83 Prozent der befragten Marketer sehen Big Data & Data Analytics als stärkste Trends in B2B-Marketing und -Kommunikation. (Bild: bvik)

Mit einer Zustimmung von 83 Prozent unterstreichen die befragten Marketer, dass Big Data & Data Analytics alle anderen Trends in B2B-Marketing und -Kommunikation dominieren. Big Data und Data Analytics sind also eindeutig die stärksten Trends im Bereich B2B-Marketing und -Kommunikation, sie bleiben jedoch auch die größten Herausforderungen für B2B-Unternehmen.

„Es ist alarmierend, dass über zwei Drittel der befragten B2B-Marketing- und Kommunikationsexperten sich noch nicht oder nur teilweise ausreichend über Big Data und Data Analytics informiert fühlen.“, so Prof. Dr. Seon-Su Kim, der das bvik-Trendbarometer an der DHBW Mosbach auf wissenschaftlicher Seite betreut.

Fehlendes Know-how als große Herausforderung

Trotz der enormen Chancen, die die Digitalisierung im Bereich der Datenanalyse bietet, sind diese Themen bei den Unternehmen noch nicht wirklich angekommen. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass aktuell nur 21 Prozent der Befragten Big Data & Data Analytics in ihren Unternehmen nutzen. Fast 92 Prozent der Befragten bestätigten darüber hinaus, dass das Know-how in der B2B-Marketing-Organisation nicht oder nur teilweise vorhanden ist. Weitere 85 Prozent der Befragten sind sogar der Meinung, dass die „B2B-Branche“ insgesamt nicht oder nur teilweise auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet ist. Diese Ergebnisse verdeutlichen, welche Nachholbedarfe im Kontext der Digitalisierung in der Branche immer noch bestehen.

„Die Herausforderung von Big Data besteht darin, Daten intelligent zu lesen und somit Smart Data daraus zu machen. Hierfür müssen wir im B2B-Marketing spezielles Expertenwissen im Bereich Data Analytics aufbauen.“, sagt bvik-Vorstand Dr. Andreas Bauer und bestätigt damit die Ergebnisse des Trendbarometers: Für 68 Prozent der befragten Marketer eignen sich Big Data & Data Analytics besonders für eine bessere Messung des Marketingerfolgs. Im Video spricht Dr. Andreas Bauer über das Trend-Thema Big Data.

Höherer Marketing-Stellenwert dank Data Analytics?

Im Thema Data Analytics sieht Dr. Andreas Bauer die Chance, den Stellenwert des Marketings im Unternehmen zu erhöhen. So können durch Marketing Automation und Data-Analytics-Instrumente alle Daten, die an den verschiedenen Touchpoints der Customer Journey generiert werden, intelligent verarbeitet und ausgewertet werden. „Es entsteht ein 360°-Blick auf den Kunden, der es auch im B2B ermöglicht, den Weg von der Marketingmaßnahme bis hin zum Verkaufsabschluss genau nachzuverfolgen. Dies führt zu einer besseren Erfolgsmessung der Marketing-Aktivitäten, wodurch auch der Beitrag des Marketings zum Unternehmenserfolg deutlicher wird und der Stellenwert unserer Arbeit steigt.“ Damit liegen die Schwerpunkte der Nutzung von Big Data und Data Analytics also eindeutig in den Feldern Marketingcontrolling und Customer Experience.

Marketing als Treiber digitaler Geschäftsmodelle

Eine hohe Relevanz identifiziert das Trendbarometer außerdem im Bereich digitaler Plattform-Geschäftsmodelle. So stimmten 78 Prozent der Behauptung zu, dass diese das B2B-Marketing in Zukunft verändern werden. Das macht digitale Plattform-Geschäftsmodelle zum zweiten Top-Thema des Trendbarometers und zeigt, dass dieser Trend auch im B2B-Marketing vermehrt Einzug erhalten wird. Der Treiber solcher digitalen Geschäftsmodelle ist laut der 72 Prozent der Befragten das Marketing selbst, dem zukünftig eine hohe strategische Bedeutung zukommt. Diese Einschätzung ist im Vergleich zum Vorjahr sogar um elf Prozent gestiegen.

Die Top-Trends der B2B-Kommunikation 2019

1. Big Data & Data Analytics

2. Plattform-Geschäftsmodelle

3. Marketing als Treiber digitaler Geschäftsmodelle

4. Social Selling

5. Chatbots in der B2B-Kundenkommunikation

6. Aufbrechen der Silo-Strukturen

7. Account Based Marketing (ABM)

8. Blockchain

9. Trennung zwischen B2B- und B2C-Marketing

10. Digitalisierung als Herausforderung für Unternehmen

Mehr über die Ergebnisse des bvik-Trendbarometers 2019 erfahren Sie auf der Website des bvik.

Die Befragung wurde im Zeitraum 06.05.2019 bis 31.05.2019 durchgeführt. Insgesamt haben 317 Personen vorwiegend aus Industrie- und Dienstleistungsunternehmen an der Befragung teilgenommen.

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